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Psara, 24. 9.-30.9.2012

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Di., 25.9.: Erste Eindrücke von Psara

Klein ist diese Insel und kahl auf den ersten Blick, auf den zweiten und dritten dann an den nächsten Tagen gesellen sich zu kahlem Fels stellenweise Kräuterkissen und Macchiasträucher, vereinzelte Obst- und Gemüsegärten, kleine Felder, Bienenstöcke und ein etwas grüneres Tal. Bäume sind rar. Das fällt vor allem auf, wenn man von Lesbos mit seinen unendlichen, silbrig-dunkelgrünen Olivenhainen und seinen zartgrünen Pinienwäldern anreist. Die Geographie sagt: 9 Kilometer lang und 8 Kilometer breit. Die Statistik: 448 Einwohner bei der letzten Volkszählung im Jahr 2011. Christos, der mit seiner Frau einen der vier Minimarkets führt und in München die deutsche Sprache studiert hat, sagt uns, so viele oder auch noch etliche mehr seien es im Sommer. Je mehr es auf den Winter zugeht, desto weniger dieser Bürger der Insel halten sich tatsächlich dort auf.

So unwirtlich die Insel sonst scheint, so lebendig und pitturesk ist ihr Hafenort, ihr einziger bewohnter Ort, von verstreuten, meist nur saisonal genutzten einzelnen Häusern abgesehen. Hier ist immer etwas los.

Agios Evdimios-Kirche

Fischerboote liegen vor Anker, laufen ein und aus. Fischer flicken ihre Netze. Cafés und das Restaurant „Ta Delfinia“  gruppieren sich um das Hafenbecken und sind vor allem um die Mittags- und Abendzeit gut frequentiert. Eine weitere Taverne namens Iliovasilema (Sonnenuntergang) liegt auf der Westseite unterhalb der für den kleinen Ort riesig anmutenden hellblauen Nikolaos-Kirche, die gerade renoviert wird. Die großenteils ziegelgedeckten Häuser im Zentrum sind meist dicht aneinander gebaut, einige mit kleinen Gärtchen, in denen Raum für Blumen und einen Granatapfel-, Quitten-, Zitronen- oder Feigenbaum ist, andere statt dessen nur mit einem kleinen ummauerten Vorhof, in dem Blumentöpfe, ein Tischlein und zwei Stühle stehen. Außer den vier Minimarkets, deren größter sich Supermarkt nennt, gibt es einen Bäcker, eine Arztpraxis, eine Bank, eine Post, und einen Metzger, auf den aber weder Auslage noch Ladenschild hinweisen, ein Rathaus und etwas oberhalb der Ortes eine kleine Kaserne. Eine zweite große, hellblaue Kirche überragt die bunt aneinandergewürfelten Häuser: die Metamorphosis-Kirche im Inneren des Ortes. Sie ist innen gleichermaßen hellblau wie von Außen und mit Vogelköpfen geschmückt. Daneben gibt es natürlich noch eine  Menge kleine Kirchlein.

Was außer den beiden großen hellblauen Kirchen als erstes ins Auge fällt sind die bei der Anfahrt zur Rechten an der Hafeneinfahrt liegenden Tonnengewölbe und ein großer Felsen zur Linken. Bei ersteren handelt es sich um Psaras »Spitalia«, die einst als Gesundheitscheck- und Quarantänestation für Anreisende dienten, um das Einschleppen von Seuchen zu verhindern, und heute von einem allerdings offenbar nur saisonal geöffnetem Restaurant genutzt werden. Der große Felsen heißt Mavri Rachi – schwarzer Felsen. Abends wird er angestrahlt. Sein Name bezieht sich auf seine düstere Geschichte im griechischen Freiheitskampf, als es 1824 auf diesem Rücken zu einem schlimmen Gemetzel zwischen Türken und Griechen, gefolgt von einer Sprengung der damals dort befindlichen,umkämpften Festung Paleokastro mit unzähligen Toten kam. Geblieben sind der Insel davon ein starkes Geschichtsbewußtsein, viele Heldenbüsten und eine eigene Fahne, auf der »Freiheit oder Tod« steht.

Links Gebäude aus der Zeit vor dem Freiheitskampf, rechts Museum. Dazwischen weiter hinten in der Mitte Metamorphosis-Kirche

Mi., 26. 9.: Fahrt nach Norden zum Kloster Kimisi tou Theotokou

Blick von der Lakka-Bucht auf den Profitis Ilias

Ein Taxi gibt es auf Psara nur in der Hauptsaison im Sommer. Wie also erkunden wir die Insel und besuchen das sehenswerte Marienkloster in ihrem Norden? Zu Fuß? Unmöglich wäre das bei einer Insellänge von 9 und -breite von 8 Kilometern nicht. Der deutschsprechende Christos im Minimarkt schlägt uns aber vor, Nikos, ein junger Verwandter seiner Frau, könne uns mit seinem Auto fahren. Das nehmen wir dankbar an.  Nikos ist der Wirt der Taverne „Iliovasilema“ an der Westküste unterhalb der Nikolaoskirche. Um 8 Uhr wartet er im Hafenbecken vor dem Restaurant „Ta Delfinia“ auf uns.

Von der Asphaltstraße nach Norden zum Kloster zweigt Nikos einmal links zur Bucht Lakka ab, über der große, untätige Windräder stehen und vor der winzige Inselchen liegen, das größte davon mit einer Nikolaos-Kirche. In der Ferne sehen wir Psaras höchsten Gipfel. Wie auf den meisten Inseln heißt diese höchste Erhebung, die hier 531 Meter beträgt, Profitis Ilias. Ein Stückchen weiter weist uns Nikos darauf hin, dass hier Archontiki sei, die Stätte, wo Archäologen mykenische Gräber fanden.

Etwas später zweigt Nikos nochmals  nach links ab, um uns durch den grünsten Teil der Insel zur Ftelio-Bucht zu fahren. Von hier aus blickt man auf die unbewohnte Insel Antipsara. Unterwegs sehen wir vereinzelte Häuser, die  wenn überhaupt, dann nur im Sommer genutzt werden, wie uns Nikos sagt – eines davon das seines Vaters. Weit zahlreicher sind aber die  kleinen Kirchlein und Kapellen an denen wir vorbeikommen. Es gibt mehr davon, als Tage im Jahr, meint Nikos.  Also ungefähr soviele wie Einwohner? frage ich daraufhin. Nikos bejaht das und sagt mit, dass jede Familie ihre Kirche habe.

Die Ftelio-Bucht, am Ende eines Tals, das zu den grünsten Teilen der Insel zählt

Schließlich steigt die Straße und wir kommen beim Kloster an, das hoch über Psaras Nordküste liegt. Es heißt Moni Kimiseos Theotoku (oder buchstabengetreuer transkribiert:  Koimiseos Theotokou ), denn es ist der Entschlafung der Gottesmutter geweiht, wie es in der orthodoxen Kirche statt Mariä Himmelfahrt heißt.

An klaren Tagen soll man von hier bis nach Skyros und zum Mount Athos sehen. Wir können aber an diesem schönen, sonnigen Tag weder die Insel, noch den Heiligen Berg ausmachen. Dennoch beeindruckt auch uns die Lage in der Einsamkeit weit über dem Meer. Rund um das Kloster grasen Ziegen mit imponierenden Hörnern. Es seien wilde Ziegen, sagt uns Nikos.

Der Klosterbau stammt aus dem 18. Jahrhundert. Einst beherbergte seine Kirche eine Ikone des berühmten, als El Greco bekannten Domenikos Theotokopoulos. Sie wurde jedoch während des griechischen Freiheitskampfes gegen die Osmanen, als Psara im Brennpunkt der Auseinandersetzungen stand,  nach Syros gebracht, wo sie seither in der nach ihr benannten Kirche Panagia ton Psarianon hängt. Wie man uns bereits gesagt hat, finden wir das Kloster geschlossen vor. Da es nicht mehr bewohnt wird, ist es  nur am Sonntag zum Gottesdienst offen.

27.9. Zu Fuß nach Osten

Achladokampos

Mandelbaum

Wieder ein schöner, sonniger, wolkenloser Tag, gegen Mittag schon zu heiß für eine Wanderung ohne Schatten. Wir gehen die Straße, die nach Osten zum Leuchtturm führt. Unser Ziel ist nicht der Leuchtturm in knapp 5 Kilometer Entfernung, sondern die Limnonaria-Bucht, zu der auf etwa der halben Strecke ein Ziegenpfad abzweigt.
Wir kommen durch die Achladokambos-Ebene. Birnenfeld heißt ihr Name übersetzt. Und tatsächlich finden wir hier vereinzelte Gärten und Bäume, wenngleich wir keinen Birnbaum entdecken, dafür aber einige Mandel-, Feigen und Quittenbäume, außerdem einige Holzkästen für Bienen und wieder auf nahezu jeder Hügelkuppe ein Kirchlein. Am auffälligsten die Agios Georgios-Kirche mit ihrer großen Kuppel, zu der gleich zu Beginn, nur 02 km nach der Straßengabelung ein Weg abzweigt. Immer wieder fällt unser Blick zurück auf sie, während wir weiter wandern. Die meisten Kirchlein sind verschlossen, nur in die Agios Antonios-Kirche können wir hineinsehen. Obwohl Nikos gestern meinte, am grünsten sei die Ftelio-Bucht, ist auch diese Gegend verhältnismäßig grün und fruchtbar. Das ändert sich, sobald wir von der Ag. Antonios-Kirche, bei der wir hinunter auf die große Limnos-Bucht blicken, weiter nach Osten gehen. Die Stelle, an der der Ziegenpfad den Hang hinab zu der Limnonaria-Bucht führt, verpassen wir zunächst, obwohl sie in unserer Karte, die auch Wandervorschläge enthält, beschrieben ist.

Wir gehen ein Stück weiter auf der Straße, die nun immer stärker ansteigt und durch kahles, nur von kleinen kugeligen Dornenbüschen mit einigen Meerzwiebeln dazwischen bedecktes Gebiet führt. Als wir merken, dass wir am Ziel vorbeigelaufen sind, kehren wir um und meinen schließlich, die richtige Stelle gefunden zu haben, zumindest scheinen das Beschreibung und die GPS-Angabe auf der Karte und dem GPS unserer Kamera zu bestätigen. Als wir den Pfad sich recht vague durch die Dornenbüsche schlägeln sehen und die Sonne immer heißer herunterbrennt, vergeht uns aber die Lust, ihn mit unseren nackten Zehen in den Wandersandalen einzuschlagen. Wir gehen statt dessen weiter bis zu der Stelle, wo Weg und Bachbett hinab zur Limnos-Bucht abzweigen und schlagen den Weg teils am Bachbett entlang, teils in diesem zu dieser Bucht ein. Nur ein Mann schwimmt unterhalb der Evangelismos-Kirche an ihrem Ostende. Sonst ist sie menschenleer. Der Meeresgrund ist mit Steinplatten, Steinen und großen Kieseln durchsetzt, so dass es uns ohne Badeschuhen, wie wie unterwegs sind, nicht reizt, hier zu Schwimmen. Dafür sehen wir einen schönen, roten Seestern im Wasser. Dann gehen weiter Richtung Hafen und schwimmen in der schönen, kleinen Sandbucht Lazareta.

Agios Georgios-Kirche

28.9. Zu Fuß zur Lakka und Archontiki-Bucht

Laka-Bucht und Insel mit Nikolaos-Kirche

Wir machen einen Morgenspaziergang zu der Laka-Bucht mit ihren kleinen, unbewohnten vorgelagerten Inselchen, auf deren größter eine dem Heiligen Nikolaus geweihte Kirche steht. Dann gehen wir am Strand entlang weiter Richtung Norden bis zum Ende der Bucht, wo die kleine, unbewohnte Daskalos-Insel vorgelagert ist und die Kirchlein Agia Markela und Agios Dimitrios stehen. Hinter dem kleinen Hügel mit der Agios Dimitrios-Kirche liegt die Archontiki-Bucht.

Laka-Bucht mit Daskalio-Inselchen und den Ag. Markela u. Ag. Dimitrios-Kirchen

Obwohl kaum Wind spürbar ist, herrscht hier auf der Westseite der Insel kräftiger Wellengang. Der Strand der auch Nikolaos-Bucht genannten Laka-Bucht besteht aus Kies mit Steinen im Wasser. Zu Baden gehen wir lieber wieder an die Südküste zur sandigen Lazareta-Bucht, wo das Meer ruhig ist. Heute steigen wir auf den Felsen am Ostende der Bucht unterhalb des Charalambos-Kirchleins. Von hier hat man einen guten Blick auf den Hafen von Psara und die ankommenden Boote und Schiffe. Verborgen hinter dem Felsen entdecken wir zwei kleine, von Blicken abgeschirmte Strände. (Psaras Strände beschreibe ich auf einer eigenen Seite)

Samstag 29.9 – Sonntag, 30.9.

Wir hatten die ganze Zeit unseres Aufenthalts auf Psara schönes, sonniges Wetter. An den letzten zwei Tagen ist es völlig windstill und noch etwas wärmer als zuvor mit regelrechter Hitze über die Mittagsstunden. Wir verbringen sie mit Schwimmen morgens am sandigen Lazareta-Strand und abends an dem näheren kleinen Strand am nordöstlichen Ortsrand, zu dem eine Steintreppe hinabführt (Fotos und Beschreibungen dieser und anderer Strände auf einer eigenen Seite). Dazwischen spazieren wir durch den Ort, gehen den Mavri Rachi-Felsen hinauf und sitzen mittags im Restaurant Delfinia direkt an der Hafenbucht und abends in der Taverne Iliovasilema um – wie es ihr Name nahelegt – den Sonnenuntergang zu beobachten, während wir Sardeles pastes essen und Ouzo oder Wein dazu trinken.

Sonnenuntergang bei der Iliovasilema-Taverne und Nikolaoskirche

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5 Kommentare leave one →
  1. 2013/11/14 8:32 am

    Hallo Heidi,

    laut der Karte von Terrain ist der Profitis Ilias 531 Meter hoch. Das Kloster liegt auf etwa 360 Meter über dem Meer.

    Danke nochmals für deine Artikel – sie waren das Brauchbarste von allem was wir dabei hatten.

    Katharina

  2. 2013/11/14 4:21 pm

    Vielen Dank, liebe Katharina, für den Hinweis. Habe es oben gleich korrigiert. Wir hatten ja die gleiche Landkarte, hatte mich nur verschaut.
    Auch Dir herzlichen Dank für deine vielen Artikel auf Deiner Website http://www.nissomanie.de/ , die ich immer wieder gern konsultiere und die mir auch schon viele nützliche Informationen geliefert hat. Liebe Grüße von Heidi

  3. kokkinos vrachos permalink
    2018/11/06 3:12 pm

    Kalispera Heidi, im grauen November ist es immer schön, mal wieder ein paar Insel-Berichte zu lesen.

    Die Laka-Bucht erinnert mich sehr an den Löwen bei Lentas auf der Insel Kreta.

    Welche Insel hat dir denn besser gefallen, Psara oder Inoussa?

    kaló chimónas, Clemens

    • 2018/11/07 9:14 am

      Hallo kokkino vracho, ich freue mich jedesmal, wenn wir uns über Griechenland austauschen können! Psara hat mir so richtig gut gefallen und wir haben uns dort richtig wohl gleich „mitten drin“ gefühlt. Inousses ist schwierig zu bereisen und sehr spröde und speziell durch das dominante Kloster und die gönnerhaften Reeder, die ihm einen eigenen Stempel aufdrücken. Es ist die einzige griechischen Insel, die ich bis jetzt erlebt habe, auf der man das Gefühl hat, dass Übernachtungsbesuchern in keiner Weise entgegengekommen wird. Zimmersuche ist sehr schwierig. Reizvoll ist die Insel trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb, weil Tourismus hier unwichtig und kein Wirtschaftfaktor zu sein scheint. Auch landschaftlich ist die Insel sehr reizvoll. Viele Grüße von Heidi

      • kokkinos vrachos permalink
        2018/11/07 9:26 am

        Kalimera Heidi, ich finde es auch schön sich mit anderen Griechenlandfreunden über unsere Leidenschaft auszutauschen (an liebsten tausche ich mich natürlich über meine große Liebe Kreta aus). Danke für deine ehrlichen Eindrücke über Psara oder Inoussa.

        Freue mich schon auf neue Insel-Berichte von dir.

        vg nach Augsburg, Clemens

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