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Aris Fioretos – Der letzte Grieche

Eintauchen in den Kosmos der Auslandsgriechen

Selten habe ich ein Buch mit soviel Vergnügen gelesen wie „Der letzte Grieche“ von Aris Fioretos. Ich kann es nur wärmstens empfehlen. Selten ist es mir gelungen, derart in die Haut eines Buchhelden zu schlüpfen und die Welt mit seinen Augen zu sehen. Dabei macht einem der Autor Aris Fioretos die Lektüre nicht leicht. Im Gegenteil, er fordert dem Leser einiges ab. Aber er stellt es geschickt an, ihn in die Welt des Buches, den Kosmos der Auslandsgriechen hineinzuziehen, einen Kosmos der Fioretos vertraut ist. Auch in seinen Adern fließt griechisches Blut. 1960 wurde er als Sohn griechisch-österreichischer Eltern in Göteborg, Schweden geboren.

Eine Rezension, die meiner Meinung nach das Werk gut beschreibt,  habe ich in der FAZ gefunden. Weitere Rezensionen gibt es natürlich beim Perlentaucher.

Will ich dem darin Gesagten etwas hinzufügen, so ist dies vor allem mein persönlicher Eindruck, dass der Autor Aris Fioretos seine Leser genauso Hals-über-Kopf in eine fremde Welt hineinpurzeln lässt, wie es der Hauptperson des Romans, dem Bauernburschen Jannis Georgiadis, geschah, als es ihn von seinem griechischen Bergdorf nach Schweden verschlug. Sein  Befremden, sein Staunen, sein Verlust, sein Heimweh, seine kleinen und großen Freuden, seine erste Liebe sind ganz hautnah zu spüren und man gewinnt ihn von Seite zu Seite mehr lieb, diesen Jannis mit seinen Plattfüßen, seinem Heldenkinn, seinen „Mücken“ im Kopf, die ihn plagen, seiner immer gegenwärtigen Ziege und seinem Herz, das mal „ein kerniges Stück“, mal „ein blauer Fleck“ zu sein vermag und sich gern wie ein Spatz benimmt. Diesen Jannis, dem drei kleine Worte einfach nicht über die Lippen gehen mögen.

Genauso ratlos wie Jannis vor der schwedischen Sprache, steht der Leser beispielsweise zunächst vor griechischen Worten wie patrída, jiajiá, palikári und kolópedo, vor Ausrufen wie Thée mou!“ und Panajía mou!“ oder einfach „tss“ und Flüchen wie „Gamó tin pánajía„. Erst ganz allmählich lernt er dann aus dem Zusammenhang zu verstehen, was sie bedeuten. Ab und zu hilft ihm Fioretos auch  irgendwann etwas später im Lauf der Handlung mit kleinen Tipps auf die Sprünge, wie beispielsweise dem, dass es bei letzterem Fluch um maskuline Endungen und Jungfrauen geht. Allmählich wird zunächst vague bleibendes klar. Da geht es dem Leser ganz ähnlich wie dem Buchhelden. Und allmählich nimmt die Gestalt des Jannis immer klarere Konturen an. „Menschen bestehen aus anderen Menschen“ weiß Jannis und genau das wird auch dem Leser klar, wenn er allmählich die Menschen kennengelernt hat, die eine Rolle für Jannis spielten und auch etwas über politische und gesellschaftliche Ereignisse und Umstände seines Heimatlandes erfahren hat. All dies liefert der Roman nicht linear, sondern eingestreut, verwoben mit der Handlung. Dabei greift er drei Generationen zurück bis zu Jannis‘ Urgroßeltern, die die vorletzte Jahrhundertwende in Smyrna erlebten. Ein in die Buchdeckel eingedruckter Stammbaum hilft, den Überblick bei den munteren Sprüngen durch die Jahrhunderte einigermaßen zu bewahren.

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